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Unser Coming-out in der Schwäbischen Zeitung!
14. April 2024

Nachdem Cannabis legalisiert worden ist, gründen sich die ersten Clubs, der erste auch in der Region. Interessierte Mitglieder rennen den Gründern die Bude ein. 

Sieben Gründungsmitglieder des Vereins „Blütenfreunde Allgäu Oberschwaben“ haben am vergangenen Mittwoch ihren Cannabis Social Club (CSC) ins Leben gerufen. Die Anfragen von potenziellen Mitgliedern häuften sich derzeit, sagen die Gründer.

Gleichgesinnte finden sich schnell

Die Idee kam Alfred Kohler und einem Freund ganz spontan, mittags bei einer Tasse Kaffee. Schnell fanden sich im Freundes- und Bekanntenkreis einige Gleichgesinnte, die immer offen für neue Ideen und Projekte sind, wenn auch mehrere darunter sind, die bisher mit Cannabis noch keine Berührungspunkte hatten. Damals war noch nicht einmal klar, ob die Cannabislegalisierung durchgeht, aber alle hatten schnell Feuer gefangen und dem Tag der Entscheidung entgegengefiebert.

Wir sind regional und bio.  Dadurch wollen wir uns von anderen Clubs abheben (Alfred Kohler)

Konkret wurde es, als der Bundestag im Februar das Gesetz dazu verabschiedete. Wer künftig legal Cannabis konsumieren möchte, ist am besten bei einem CSC aufgehoben. Die Hürden für den Anbau seien hoch, sagt Philip Mayer „und das ist auch gut so“. Ihm sei es wichtig, dass alle Menschen die Möglichkeit geboten bekommen, einen gesunden Umgang mit Cannabis zu erlernen. Egal ob Genuss oder medizinischer Raucher, unabhängig von Berufsstand – alle seien herzlich willkommen.

Anbau ohne Chemie und Pestizide

Die sieben Gründungsmitglieder stammen aus Isny, Kißlegg, Leutkirch und Wangen. „Das heißt, wir sind regional und ‚bio‘, das sind auch die Mottos beim Anbau unseres Cannabis. Dadurch wollen wir uns von anderen Clubs abheben“, sagt Kohler. Mit sehr hoher Qualität meint die Vereinigung: Der Anbau erfolgt ohne chemische Düngemittel und Pestizide, auch nach der Ernte findet selbstverständlich keine Verunreinigung durch irgendwelche chemischen Substrate statt.

Den Gründern ist es wichtig, einen biologischen Weg zu gehen, um weder Konsumenten noch die Umwelt negativ zu belasten, deshalb setzen sie auch beim Strombedarf auf erneuerbare Energien. Den Schwarzmarkt zu unterbinden, sei ein weiteres Ziel. Denn hier wisse man nie genau, „was für ein Kraut man bekommt“. Das sei auch im Hinblick auf den Jugendschutz und die damit einhergehende Enttabuisierung ein Thema.

Aufklärung ist für den Isnyer Frank Homanner ein wichtiges Thema. Der Familienvater möchte durch den Club jungen Leuten und natürlich auch den anderen Altersgruppen die Möglichkeit bieten, eine legale und somit sichere Bezugsquelle zu schaffen, gleichzeitig für eine gezielte Aufklärung sorgen und einen vernünftigen Umgang mit dem Konsum anbieten.

„Es muss in jedem Club eine Person als Sucht- und Präventionsbeauftragten geben“, erklärt Kohler. Dieser muss entsprechende Schulungen absolvieren und regelmäßig sein Wissen auffrischen. „Wenn Schulen Interesse zeigen, können wir uns auch sehr gut vorstellen, dort Aufklärungsarbeit zu leisten“, blickt Homanner in die Zukunft.

CSC sind meist als Verein organisiert. Sie verstehen sich als nichtkommerzielle Hanfanbaugemeinschaft, die sich gemeinschaftlich um die Anbauflächen, Ernte und Konsum für den persönlichen Bedarf der Mitglieder kümmert. Rund 100 Personen haben schon Interesse am Cannabis Club „Blütenfreunde“ bekundet.

Etwa 50 sichere Beitrittsbekundungen hätten sie schon erhalten, sagt Kohler. Die Kapazität sei beschränkt. Das habe verschiedene Gründe, erklärt Mayer. Zunächst einmal müsse jeder CSC eine Lizenz vom zuständigen Amt bekommen. Zum anderen sei die Anbaukapazität beschränkt. Ganz sicher, ob der Verein mit dem Anbau schon am 1. Juli starten könne, sind sie nicht, da die notwendigen Genehmigungen noch ausstehen.

Weiterverkauf ist untersagt

Angebaut werden sollen mehrere Cannabissorten. Für reine Genussraucher, aber auch für Menschen, die Cannabis zu medizinischen Zwecken konsumieren. Wie groß die Anbaufläche wird, hänge von der Anzahl der Mitglieder ab und davon, wie viele Gramm sie ausgeben.

Die höchste Ausgabemenge ist gesetzlich vorgeschrieben und beträgt 50 Gramm. Das würde für etwa 100 Joints reichen. Wie viel die Mitglieder des Vereins jeden Monat erhalten, müsse erst noch intern geklärt werden, sagen die Vorstände. Denn ein Weiterverkauf ist strengstens untersagt. Lediglich der eigene Konsum dürfe gedeckt werden.

Wo die Vereinigung anbaut und wo sich ihre Räumlichkeiten befinden, ist nicht zuletzt wegen des Jugendschutzes relevant. Der Anbau muss einen Mindestabstand von 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen, Spielplätzen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen einhalten. Anbauflächen im Freiland müssen durch Zäune und gegebenenfalls Stacheldraht gesichert werden.

„Ein Anbau im Freien birgt immer auch das Wetterrisiko“, sagt Philip Mayer. Der Verein hat sich für einen Indooranbau entschieden, um ein kontrolliertes und vorhersehbares Ergebnis mit höchsten Hygienestandards zu gewährleisten. Außerdem dadurch sichergestellt, dass öfters im Jahr geerntet werden kann. „Drei bis vier Monate nach der Anzucht wäre dann die erste Ernte zu erwarten“, sagt Mayer.

Der Anbau in geschlossenen Räumen sei aber nicht ganz einfach, gibt Mayer zu. Denn Sonne, Wind, Luftfeuchtigkeit, Jahreszyklus, Temperatur, Wasser und Bodenmineralien müssen imitiert werden, um ein optimales Wachstum zu garantieren. Für den Anbau, also die Pflanzen aussäen, vermehren, pflegen und ernten, soll nur eine kleine Gruppe verantwortlich sein, um Hygienestandards einzuhalten.
(Schwäbische Zeitung 14. April 2024)